Drucken

Betriebliche Eigenkontrolle im Milchviehbetrieb

Mit der Änderung des Tierschutzgesetzes (TierSchG 2006, § 11 Abs. 8) sind Nutztierhalter und -halterinnen seit Februar 2014 verpflichtet, betriebliche Eigenkontrollen durchzuführen. Diese sollen dazu dienen, die Tiergerechtheit auf den Betrieben regelmäßig zu prüfen und zu bewerten. Genau heißt es in dem Gesetzestext: „Wer Nutztiere zu Erwerbszwecken hält, hat durch betriebliche Eigenkontrollen sicherzustellen, dass die Anforderungen des § 2 TierSchG eingehalten werden. Insbesondere hat er zum Zwecke seiner Beurteilung, dass die Anforderungen des §2 erfüllt sind, geeignete tierbezogene Merkmale (Indikatoren) zu erheben und zu bewerten.“ Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sieht in seinem Gutachten (2015) „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ die betriebliche Eigenkontrolle bezüglich der Tiergerechtheit als wichtiges Instrument, die gesellschaftlichen Anforderungen an die Nutztierhaltung und die Realität der landwirtschaftlichen Produktion wieder stärker in Einklang zu bringen. Genauere Vorgaben bzw. Ausführungsbestimmungen für die betriebliche Eigenkontrolle liegen allerdings bislang nicht vor, da das TierSchG keine Verordnungsermächtigung zur Regelung von Inhalt, Umfang und Häufigkeit der betrieblichen Eigenkontrollen enthält.
So kommt schnell die Frage auf: „Was, wie, wer“ soll erfasst werden und wer kontrolliert es? Einen Vorschlag eines Indikatorensystems liefert die KTBL-Schrift „Tierschutzindikatoren - Vorschläge für die betriebliche Eigenkontrolle“(2015), an der 50 Experten aus Wissenschaft, Beratung, Verwaltung, Tierschutzverbänden und Praxis gearbeitet haben. In den Ausführungen werden Indikatoren (vorrangig tierbezogene) für die verschiedenen Nutztierarten vorgestellt, die sich für eine betriebliche Eigenkontrolle zur Beurteilung der Tiergerechtheit besonders eignen. Auch der neue QM-Milch Standard beschäftigt sich mit der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Mit der Umstellung auf den überarbeiteten Standard QM-Milch 2.0, die im Laufe dieses Jahres erfolgen wird, halten die betrieblichen Eigenkontrollen unter dem Punkt 1.7 Einzug in die Checkliste. Genau heißt es dort: „Betriebliche Eigenkontrollen des Milchviehbestandes werden täglich durchgeführt.“ Da es sich dabei um ein K.O.-Kriterium handelt muss es erfüllt werden um das Audit zu bestehen.
 

Kriterien gemäß QM-Milch Kriterienkatalog zur Durchführung der Eigenkontrolle:

Pflege und Wohlbefinden

  • 1.2 keine Anzeichen von ansteckenden Krankheiten
  • 1.3 keine Störung des allg. Gesundheitszustandes
  • 1.4 erkrankte Tiere werden vom Bestand abgesondert
  • 1.5 keine Wunden am Euter
  • 1.24 Einzeltier-Zellzahluntersuchungen sofern notwendig
  • 1.26 Selektion chron. euterkranker / therapieresistenter Kühe
  • 1.27 Nachweis der Milchgüteuntersuchung (Keim-/Zellzahl, Antibiotika)
  • 5.1 AuA-Belege, Bestandsaufzeichnungen Arzneimittel

Ernährung

  • 1.12 Tränkwasserversorgung: ausreichend und sauber
  • 4.1 zugelassene Futtermittel gem. Futtermittel-Vereinbarung und Positivliste
  • 4.3 Futterqualität im Trog / Hygiene Fütterungssystem
  • 4.4 Futteranalysen

Bewegung/Unterbringung

  • 1.9 saubere und trockene Liegeplätze / saubere Laufflächen
  • 1.10 ausreichend Liegeraum für die Kühe
  • 1.13 Stallklima: Luftverhältnisse
  • 1.14 Stallklima: Lichtverhältnisse

Da es vom Gesetzgeber noch keine offizielle Liste von Tierwohlindikatoren gibt, die im Rahmen dieser Eigenkontrolle zu begutachten oder gegebenenfalls zu erfassen sind, stellt sich folgende Frage: Kann man somit nun einfach davon ausgehen, dass man durch die tägliche Stallarbeit, Die betriebliche Eigenkontrolle durchführt und das Kriterium quasi zwangsläufig erfüllt? Der Standardgeber sieht für das Audit die Abfrage der Kontrolle verschiedener Punkte der QM-Milch Checkliste (siehe Auflistung Kasten) vor. Weiterhin wird vorgeschlagen zur Erleichterung der Umsetzung eine Liste mit Tierschutzindikatoren am Stalleingang oder im Stall sichtbar anzubringen. Dafür könnten die Kriterien der Auflistung ein Leitfaden sein, der natürlich erweiterbar ist.

Auch wenn es keine feste Vorgabe über die zu kontrollierenden Indikatoren gibt, ist jedoch sicher, dass eine systematische Dokumentation nicht nur im Falle einer Kontrolle wertvoll sein wird. Das muss jedoch nicht bedeuten, dass man täglich lange Listen ausfüllen muss. Vielmehr geht es um die systematische Dokumentation der tierbezogenen Daten, die häufig an verschiedenen Stellen anfallen. Zum Beispiel ist es sehr sinnvoll, die Gesundheitsdaten für jedes Tier strukturiert an einer Stelle griffbereit zu haben und diese am besten mit anderen Daten, beispielsweise aus der MLP oder Klauenpflege, zu kombinieren. So hat man jederzeit den Werdegang des Tieres vor Augen und kann das in betriebliche Entscheidungen mit einbeziehen. Gleichzeitig hat man tierbezogene Indikatoren für Gesundheitszustand, Fütterung, Allgemeinbefinden als Grundlage für Leistung und Wirtschaftlichkeit in der Hand.

Genau das entspricht dem allgemeinen Prinzip des Gesundheitsmonitorings. Der LKV bietet mit dem Gemeinschaftsprojekt KuhVital bereits jetzt schon eine Möglichkeit viele Informationen rund ums Tier zu vereinen und gezielt auszuwerten.

Tierwohlindikatoren aus der MLP und KuhVital
  • Milchinhaltsstoffe
  • Zellzahl
  • Diagnose und Befunddaten
  • Trächtigkeitsstatus
  • Lebensleistungen
  • Nutzungsdauer
  • Abgangsursachen

Damit werden nicht nur viele Punkte der Eigenkontrolle erfüllt, vielmehr dient es dem Betrieb als wertvolles Instrument bei der Herdenführung und dem Gesundheitsmanagement seiner Herde. Kontrolle ist besser als Controlling zu verstehen, wobei die Erfassung und Bewertung der Indikatoren das Ziel haben, Schwachstellen aufzudecken und Ziele zu verwirklichen. Das dient dann letztlich maßgeblich dem Management und damit dem wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes.

 

Dr. Anita Ehret und Dr. Monika Brandt, LKV