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Färsen starten oft mit zu hohen Zellzahlen

Wenn eine Färse nach einer zwei- bis zweieinhalbjährigen Aufzuchtphase das erste Mal kalbt, bedeutet das den Start in die produktive Phase. Für die Färse ist der Zeitpunkt der ersten Abkalbung mit erheblichen Veränderungen und Belastungen verbunden. Der gesamte Stoffwechsel muss sich an die dramtisch erhöhten Anforderungen der Laktation anpassen. Die Abkalbung selber, die Eingliederung in die Herde und die Gewöhnung an das Melken sind weitere Stressfaktoren, die auf die Färsen erstmals und damit in besonderem Maße einwirken. Daher muss dieser Tiergruppe auch besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden . Für den Betrieb liegt in diesen Tieren die Zukunft der Milchviehherde. Gesunde Färsen weisen einen Zellgehalt von 20.000 bis 50.000 Zellen/ml auf. Es handelt sich hier um junge und vitale Tiere, deren Euter noch keiner Belastung ausgesetzt waren. Dennoch lässt sich leider beobachten, das viele Färsen mit zu hohen Zellzahlen in die erste Laktation starten. Zellgehalte bei der ersten Milchleistungsprüfung (MLP) von mehr als 100.000 Zellen/ml sind auch bei Färsen keine Seltenheit. Spätestens ab diesem Wert muss jedoch von einer Eutergesundheitssstörung ausgegangen werden, wobei nicht unbedingt klinische Anzeichen einer Mastitis (Flocken in der Milch, verändertes Euter) auftreten müssen. Die Kennzahl der „Färsen- oder Erstlaktierendenmastitis“ im monatlichen MLP-Eutergesundheitsbericht beschreibt den Anteil
abkalbender Erstlaktierender innerhalb eines Jahres, die bereits in der 1. MLP einen Zellgehalt von mehr als 100.000 Zellen/ml aufweisen und damit nicht mehr als „eutergesund“ eingestuft werden können. Dieser Anteil sollte unterhalb von 15 % liegen. Jedoch kommen auch deutlich höhere Anteile von bis zu 50 % und darüber hinaus vor. Das bedeutet, in diesen Betrieben startet jede 2. Färse mit einem erhöhten Zellgehalt in die Laktation. Im Mittel aller Betriebe des LKV liegt der Anteil derzeit bei 30 %. Hier liegt also noch ein erhebliches Verbesserungspotential. Sieht man sich die Verteilung der Zellzahlen in Zellzahlklassen an (Tabelle 1), zeigt sich, dass sogar 8 % der Färsen mit einem sehr hohen Zellgehalt von mehr als 400.000 Zellen/ml die Laktation beginnen. In diese Auswertung gingen sogar nur Tiere mit vollständiger Laktatation ein, d. h. Färsen oder Kühe, die z. B. aufgrund von Euterproblemen vorzeitig den Betrieb verlassen, bleiben unberücksichtigt. Vergleicht man die Werte der Färsen mit denen der Kühe in der zweiten und dritten Laktation, stehen die Färsen nur geringfügig besser da. Das die Färsen mit teilweise sehr hohen Zellzahlen in die Laktation einsteigen, wird in der Abbildung 1 gut ersichtlich. Die Abbildung zeigt die durchschnittliche Zellzahl der Färsen und der Kühe in der 2. und 3. Laktation in Abhängigkeit vom Laktationsmonat. Deutlich erkennbar ist, dass der Zellgehalt
 bei beiden Tiergruppen im ersten Laktationsmonat stark erhöht ist. Danach sinkt der Zellgehalt und bleibt ab dem zweiten Probemelken für die Färsen relativ stabil, während er in den höheren Laktationen zum Ende der Laktation wieder ansteigt. Der durchschnittliche Zellgehalt liegt für die Färsen im ersten Laktationsmonat bei 220.000 Zellen/ml. Damit starten die Färsen im Mittel mit einem genauso hohen Zellgehalt wie die Kühe in der 2. und 3. Laktation. Der Zellgehalt sinkt danach bei den Färsen zwar stärker, jedoch bleibt er mit durchschnittlich 135.000 bis 150.000 Zellen/ml auf einem hohen Niveau von deutlich über 100.000 Zellen/ml. Betrachtet man den ersten Laktationsmonat noch differenzierter nach Melktag, wird ersichtlich, dass die Zellzahl mit fortschreitender Dauer der Laktation sehr deulich abfällt (Abbildung 2). Die Zellzahlen der Färsen liegen in den ersten Melktagen mit ca. 400.000 Zellen/ml sogar noch über denen der Kühe, was auf die höhere Stressbelastung der Färsen hinweist. Die deutliche Verbesserung der Zellzahl im Verlauf der Laktation ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Situation rund im die Geburt und die ersten Tage in der Laktation einen starken Einfluss auf die Zellzahl hat. Ein weiterer möglicher Grund für den Rückgang der Zellzahl im Verlauf der Laktation ist, dass kranke Tiere umgehend behandelt wurden und dadurch die Eutergesundheit und die Zellgehalte dieser Tiere verbessert wurde.
 
 Ursachen und Prophylaxe 
Trotz dem sicher starken Einfluss der Umstellung rund um die erste Kalbung, liegt die Ursache für die hohen Zellzahlen hauptsächlich in einer Infektion des Euters mit Mastitiserregern. Untersuchungen ergaben, dass bei bis zu 95 % der frisch abgekalbten Färsen Mastitiserreger nachgewiesen werden können. Die Infektion des Euters findet meist schon vor dem Abkalben statt. Mögliche Infektionswege sind das Besaugen einzelner Viertel und die Übertragung von Erregern durch Fliegen. Die häufigste Ursache für eine Infektion ist jedoch die spontane Infektion mit Erregern, die auf der Zitzenhaut (koagulase negative Staphylokokken) oder in der Umwelt (Umweltstreptokokken, coliforme Keime) vorkommen. Gegen die ersten beiden Infektionsmöglichkeiten liegt die Prophylaxe auf der Hand – Verhinderung des Besaugens und ein guter Fliegenschutz. Schwieriger ist es bei dem dritten Punkt. Da diese Erreger quasi allgegenwärtig sind, kann man nur durch gute Hygiene den Keimdruck gering halten, jedoch nicht beseitigen. Hier kommt es vielmehr auf die Abwehrsituation des Tieres an, es gilt das Immunsystem zu stärken. Ein vorzeitiger Verlust oder eine ungenügende Ausbildung des Keratinpfropfes, der die Zitze gegen das Eindringen der Erreger von außen schützt, erhöht die Gefahr des Eindringens von Erregern und damit einer Infektion. Auch die im Geburtszeitraum entstehenden Ödeme erhöhen das Risiko, da durch die Schwellung des Gewebes der Zitzenkanal geweitet werden kann. Tierindividuelle Eigenschaften, wie Zitzenlänge und Schließmuskel der Zitze, haben ebenfalls einen Einfluss auf das Risiko einer Infektion. Zudem gilt es, ein besonderes Augenmerk auf die Anfütterung und die Haltung der Färsen zu haben, damit negative Einflussfaktoren rund um die Abkalbung möglichst reduziert werden. Therapeutische Maßnahmen in Form von Behandlung der klinischen Fälle oder vorbeugende betriebsspezifische Maßnahmen sollten eng mit dem betreuenden Tierarzt abgestimmt werden. Maßnahmen auf Betriebsebene müssen spätestens dann ergriffen werden, wenn mehr als 5 % der Färsen eine klinische Euterentzündung ausbilden oder wenn mehr als 50 % der Färsen in der ersten MLP einen Zellgehalt von mehr als 100.000 Zellen/ml aufweisen.
Zellzahlklassen [Zellen/ml] 1. Laktation 2. und 3. Laktation
<100.000 69,7 71,4
100.000 - 200.000 14,4 12,2
200.000 - 400.000 7,4 7,2
Harnstoff 8,4

9,2


Tabelle 1: Anteil der Kühe in den verschiedenen Zellzahlklassen in der 1. MLP unterschieden nach Laktationsnummer          (Angaben in %)

 durchschnittl Zellzahl1 Abbildung 1: Durchschnittliche Zellzahl nach Laktationsmonat (Kühe mit vollständiger Laktation)

durchschnittl Zellzahl2Abbildung 2: kDurchscnittliche Zellzahl im ersten Laktationsmonat nach Melktag (Kühe mit vollständiger Laktation)

 
Prophylaktische Maßnahmen sollten in zwei Richtungen gehen. Zum einen muss der Keimdruck reduziert und zum anderen das Immunsystem der Tiere gestärkt werden. Folgende Faktoren gilt es für eine Vorbeugung von Färsenmastitis zu beachten:
  • Angepasste Halterungssysteme in der gesamten Aufzucht
  • Ausgewogene Fütterung mit ausreichender Mineralstoff- und Spurenelementversorgung
  • Fliegen bekämpfen
  • Gegenseitiges Besaugen vermeiden
  • Hygiene rund um die Abkalbung
  • Intensive Tierkontrolle

Text: Dr. Monika Brandt, Dr. Jörg Piepenburg, LKV